Sarah Schweerke rührt in ihrer Wirkungsstätte eine Buttercreme an.
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Das Glücksrezept der Powerfrau
Sarah Schweerke steigt in die Welt der Eclairs, Petits Fours, Pralinen, Cupcakes und Eventtorten ein. Das Südbrookmerland ist um eine seltene Meisterin im Konditorenhandwerk reicher. Am Moormuseum betreibt sie im Café Moorgold das Familiengeschäft.
28.08.24
Ostfriesland. Sarah Schweerke ist in den letzten Jahren über sich hinausgewachsen. Sie hat etwas vollbracht, was nicht jeder in der kurzen Zeit gemeistert hätte. Die 32-Jährige knüppelte in den vergangenen Monaten extrem viele Arbeitsstunden, um sich einen Traum zu erfüllen: Im Konditorenhandwerk Fuß zu fassen, damit sie ihre Existenzgrundlage und die der Familie sichern kann. Innerhalb von drei Jahren legte die Moordorferin die Gesellenprüfung als Konditorin im Café Remmers in Norden ab und sattelte vor kurzem die Meisterprüfung oben auf.
„Das war eine krasse Zeit. Mein normales Wochenpensum waren 120 bis 140 Arbeitsstunden“, erzählt sie im Gespräch mit der Handwerkskammer für Ostfriesland. Aber ohne die Rückendeckung ihrer Schwester und Mutter wäre es nicht möglich gewesen. „Wir stehen füreinander ein“, betont sie den Zusammenhalt. Ein Jahr vor ihrer Ausbildung, im Jahr 2020, hatte sie gemeinsam mit ihrer Schwester Maike die Teestube Moorgold direkt am Moormuseum in Moordorf übernommen. Zuvor führte ihre Mutter Silvia die Teestube und zeitgleich ein Baugeschäft, welches ihr verstorbener Mann hier hinterlassen hatte. Beides wollte die Mutter auflösen. „Das Arbeitspensum war einfach zu viel. Aber die Teestube war immer ihr Traum“, erzählt Sarah Schweerke rückblickend. Zur gleichen Zeit schlug die VW-Kündigungswelle bei ihrer Schwester Maike, als Malerin- und Lackiererin, zu. Auch Sarah war als angestellte Lagerlogistikmeisterin nicht so ganz glücklich. Beide hatten schon immer im Cafébetrieb ausgeholfen und kannten die Abläufe.
Süße Geschäftsfelder haben sich aufgetan
„Dann haben wir den Sprung ins kalte Wasser einfach gewagt und sind voller Euphorie gestartet“, erzählt sie weiter. Damals habe die Mutter ein Cafégeschäft mit Restauration betrieben. Für Moorbraten, Snirtjebraten, Rinderroulade ist die Küche heute noch beliebt. Maike übernahm den Service und die Personalplanung, die Mutter als „Herz der Küche“ die Organisation der kalten und warmen Speisen. Sarah kümmerte sich um die Büroorganisation und die süßen Backwaren. Drei weitere Vollzeitkräfte und neun Aushilfen komplettieren das heutige Team. Blöd nur, dass direkt mit der Übernahme die Corona-Lockdowns einhergingen. Mit dem Einbruch der Einnahmen „mussten wir uns schnell was einfallen lassen“. Das Ergebnis war ein neues Catering-Angebot und der Außerhausverkauf von Backwaren für Feierlichkeiten jeglicher Art.
Die Frühstücksboxen und die Thementorten haben sich dann als „echte Renner entwickelt“. Allerlei Leckereien aus Sahne, Buttercreme und Biskuit zu Taufen, Einschulungen, Hochzeiten und Geburtstagen werden mit kreativen Verzierungen aus Marzipan, buntem Fondant, Comic-Figuren, Schokoladen-Ornamenten, duftigen Blumen-Kreationen und süßen Früchten verziert. Zu bestaunen sind die Kreationen auf dem Instagram-Account konditorei_moorgold.
Zweiter Bildungsweg im Schnelldurchgang
Eine Marktlücke tat sich den Geschwistern auf. Denn in Ostfriesland ist das Handwerk selten geworden. Es gibt insgesamt 14 Konditoreien, die in der Handwerksrolle eingetragen sind. Viele von ihnen betreiben zeitgleich eine Bäckerei. Nur wenige haben sich auf das süße Handwerk spezialisiert. „Die Nachfrage war so groß, dass wir das dann auf professionelle Beine stellen wollten.“ Kurzerhand wurde entschieden: Sarah Schweerke legt mit 29 Jahren noch einmal auf dem zweiten Bildungsweg die Ausbildung zur Konditorin ab, denn „meine Schwester mag zwar auch Torten backen, aber ich brenne da ein bisschen mehr für“, erzählt sie schmunzelnd. Das erste Lehrjahr übersprang sie aufgrund ihrer Qualifikationen als Lagerlogistikmeisterin und ließ sich im Anschluss den Ausbilderschein für die Meisterausbildung anrechnen. Die kaufmännischen, theoretischen und praktischen Meistervorbereitungskurse absolvierte sie im Blockunterricht.
Im Juni legte sie die praktische Meisterprüfung am Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe in Bielefeld mit elf weiteren Mitstreitern aus ganz Norddeutschland ab. Neben einer schriftlichen Prüfung, einem Fachgespräch und einer Situationsaufgabe musste die Backkünstlerin ihre Fähigkeiten in dem Anfertigen eines Schaufensters beweisen.
Schaufenster mit Herzflatter-Momenten
Innerhalb von drei Tagen galt es, 21 unterschiedliche Produkte zu kreieren. Entstanden ist ein verführerisch kleines Schlaraffenland zur Themenwelt „Mein Ostfriesland. Meine Heimat“ mit Baumkuchen, einer Schau-Torte und Variationen an Backwaren und Pralinen. So stellte sie den Pilsumer-Leuchtturm als Torte her und setzte dem Baumkuchen einen Aufsatz als Teekanne aus Kuvertüre auf. Bestaunt werden diese von Ottifanten aus Zuckerguss sowie Marzipanfiguren als Krebse, Hasen und Fischkisten. Anker verzieren kleine Petit Fours und deftige Eclairs mit Fisch durften im Anschluss an die Prüfung ebenfalls verzehrt werden.
Keine leichte Aufgabe, sich die Rezept-Kreationen und Verzierungen auszudenken, aber man werde in den Kursen darauf vorbereitet, erzählt die Unternehmerin. Einen kritischen Moment, der ihr Herzflattern bereitete, wäre das Zuckerartistik-Schaustück in Form einer Welle gewesen. Die einzelnen Teile – beispielsweise ein geblasener Fisch, gegossene Moin-Buchstaben oder die gezogene Zuckerwelle, mussten verklebt werden. „Wenn da nur ein Teil bricht, was bei dem Material schnell der Fall ist, dann ist das ganze Schaustück kaputt und man muss improvisieren.“ Trotz des hohen Stresslevels „konnte ich mit etwas Glück und dank meiner guten Organisation alles durchziehen“, lobt sie sich lächelnd. Von ihren entwickelten Rezepten wird sie jetzt das eine oder andere übernehmen.
Das Konditorenhandwerk beherrscht sie verbrieft meisterlich
Da ihre Mutter in nächster Zeit kürzertreten will, wollen die Geschwister weg von der heißen Küche und das Konditoren-Geschäft ausweiten. „Ohne den Meisterbrief könnten wir aus der Teestube Moorgold nicht das machen, was wir vorhaben“, erzählt Schweerke. Zukünftig soll der Verkauf von Pralinen und Backwaren angegangen werden. Außerdem will Sarah einen Online-Shop aufbauen und mehr Instagram-Videos zu ihren Tortenkreationen drehen: „Das kommt bei den Kunden richtig gut an“, sagt sie.
Ein kleiner Traum ist das Backen von Baumkuchen. „Das war am Coolsten in der Ausbildungszeit.“ Nach ihren Angaben zähle die Herstellung zu den Königsdisziplinen im Konditorenhandwerk. Deswegen ziere das Konterfei des Kuchens das Logo des Deutschen Konditorbundes. „Man braucht wahnsinnig viel Fingerspitzengefühl.“ Lasse man den Teig zu lange in der Maschine, werde er viel zu trocken. Ist er zu kurz gebacken, werde er zu weich und falle von der Stange, so Schweerke. Die Herstellung beherrsche sie nun meisterlich. Leider sei die Anschaffung der Maschine sehr teuer. Aber, wer weiß, vielleicht komme das später auch noch.
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