SPD-Bundestagsabgeordneter Johann Saathoff (Mitte vorne) nahm die Postkarten mit den Forderungen des Handwerks von den Vertretern der Mittelstandsinitiative entgegen und wird sie persönlich in Berlin abliefern.
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Betriebsinhaber im Austausch mit der Politik
Die Vertreter der Mittelstandsinitiative Ostfriesland trafen sich kürzlich mit dem Bundestagsabgeordneten Johann Saathoff sowie den Bürgermeistern ihrer Gemeinden, um sich über die Herausforderungen ihrer Wirtschaftszweige auszutauschen.
29. April 2024
Ostfriesland. Zu viel Bürokratie, zu hohe steuerliche Belastungen, steigender Fachkräftebedarf und zu langsame Genehmigungsverfahren. Das sind nur einige der Punkte, die vor allem den deutschen Mittelstand mehr und mehr belasten. Darum schlägt der ostfriesische Mittelstand, zudem auch zahlreiche Handwerksbetriebe gehören, Alarm. Anfang des Jahres schlossen sich mehrere Betriebsinhaber zur „Mittelstandsinitiative Ostfriesland“ zusammen. Gemeinsam verfassten sie ein Positionspapier, indem sie die größten Probleme und mögliche Lösungsvorschläge festhielten. Außerdem organisierten sie Ende Januar eine Protestaktion in Hage, bei der unter anderem auch Postkarten des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) verteilt wurden. Sie sind Teil des Aktionsformates #ZeitZuMachen und enthalten Kernforderungen des Handwerks an die Bundesregierung. Rund 1.500 davon wurden während der Demonstration ausgefüllt und sollen nun ihren Weg nach Berlin antreten. Damit das auch wirklich gelingt, haben die Vertreter der Initiative den Bundestagsabgeordneten Johann Saathoff kürzlich zu einem persönlichen Gespräch sowie zur Übergabe der Postkarten in die Handwerkskammer für Ostfriesland eingeladen.
„Ob Handwerk, Landwirtschaft oder Gastronomie, in sämtlichen Bereichen leiden Unternehmen vor allem unter der überbordenden Bürokratisierung und gestiegenen Kosten. Ein Zustand, der sich noch heute ändern muss, wenn Deutschlands Wirtschaft nicht gänzlich gegen die Wand fahren soll“, machte Christoph Wenk, Geschäftsführer der cwTec GmbH in Hage und einer der Vertreter der Initiative, während der Gesprächsrunde deutlich. Bundestagsabgeordneter Johann Saathoff zeigte Verständnis für die Sorgen und Nöte der Betriebsinhaber. „Die Proteste der vergangenen Monate haben eines gezeigt: Es geht auch, aber nicht nur um Geld. Es geht vielmehr um Respekt, Wertschätzung für die Arbeit und darum, Gehör zu finden in der Politik. Gehör für die riesigen Herausforderungen und die damit verbundenen Ängste der Menschen“, so der Bundestagsabgeordnete. Als Ampelkoalition wolle man die Zukunftsfragen offensiv angehen und ein Gesetzespaket auch für einen zukunftsfähigen Mittelstand schnüren. Dementsprechend werde er bei der Übergabe der Postkarten in Berlin noch einmal gezielt auf die Probleme dieser Wirtschaftszweige aufmerksam machen.
Da sich die Probleme des Handwerks aber nicht nur auf Bundes-, sondern auch auf regionaler Ebene bemerkbar machen, luden die Vertreter der Initiative in einer nächsten Runde Sven Lübbers, Bürgermeister der Stadt Wiesmoor und Erwin Adams, Bürgermeister der Gemeinde Großefehn, zu einem persönlichen Austausch ein. „Der Baubranche geht es zunehmend schlechter. Die Kosten für beispielsweise ein einfaches Einfamilienhaus liegen aktuell bei rund 400.000 bis 500.000 Euro. Das kann sich der Normalverdiener nicht mehr leisten“, erklärten die Vertreter der Mittelstandsinitiative zu Beginn des Gespräches. Unter anderem dadurch würden kaum noch Aufträge generiert werden. Hinzu käme eine zunehmende Bürokratisierung, die die Branche zusätzlich lahmlege. Viele ostfriesische Baubetriebe sorgten sich um ihre Existenz. Das gemeinsame Ziel müsse sein, wieder mehr günstigen Wohnraum zu schaffen, den sich alle leisten könnten. Davon würden sowohl die Kommunen – denen es an bezahlbarem Wohnraum mangele – als auch die Baubetriebe profitieren.
Dem konnte Bürgermeister Lübbers nur zustimmen, betonte in dem Zusammenhang aber auch, dass die hohen Kosten – entgegen aller Gerüchte – nicht mit überteuerten Grundstückspreisen zusammenhängen. „Ich weiß, dass Zahlen durch die Gemeinden geistern, die nicht der Wahrheit entsprechen. Vielmehr sind es die gestiegenen Materialpreise, die anhaltende Inflation sowie gestiegene Zinsen, die die Baukosten derzeit in die Höhe treiben“, so Lübbers. Dem konnte sich sein Amtskollege nur anschließen. „Auch wir als Gemeinde sind daran interessiert, bezahlbare Grundstückspreise anbieten zu können und verhalten uns dabei sehr transparent. Wir legen unsere Zahlen immer offen“, so Bürgermeister Erwin Adams. Beide machten außerdem deutlich, dass momentan alle von der Situation überrollt würden. Auch die Kommunen seien durch immer höhere Kosten zunehmend belastet und könnten sich sozialen Wohnungsbau schlichtweg nicht leisten. Man nehme die Sorgen und Nöte des Handwerks jedoch sehr ernst und wolle gemeinsam nach einer Lösung suchen. Aktuell sei man dabei, verschiedene Modelle wie beispielsweise Finanzierungen über das Erbbaurecht zu prüfen. Es sei aber noch zu früh, um sich dazu konkret äußern zu können.
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BU_Saathoff: SPD-Bundestagsabgeordneter Johann Saathoff (Mitte vorne) nahm die Postkarten mit den Forderungen des Handwerks von den Vertretern der Mittelstandsinitiative entgegen und wird sie persönlich in Berlin abliefern.
BU_Bürgermeister: Trafen sich zum konstruktiven Austausch: Erwin Adams, Bürgermeister der Gemeinde Großefehn (v.l.), Sven Lübbers, Bürgermeister der Stadt Wiesmoor, sowie die Vertreter der Mittelstandsinitiative.
Fotos: HWK/J. Stöppel