Die Ausbaugewerke gehören auch in diesem Jahr zu den Spitzenreitern der Frühjahrskonjunktur. Sie haben nach wie vor eine hohe Auftragslage.
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Handwerk verzeichnet leichten Aufschwung
Konjunkturumfrage: Ostfriesische Handwerksbetriebe zeigen sich nach dem Stimmungseinbruch im vergangenen Herbst wieder vorsichtig optimistisch.
05. Mai 2023
Ostfriesland. Die rund 5.600 Handwerksbetriebe im Kammerbezirk Ostfriesland scheinen nach der angespannten wirtschaftlichen Lage im vergangenen Jahr langsam etwas aufzuatmen. Das zeigt eine Umfrage im ersten Quartal des Jahres 2023. Hauptgeschäftsführer Jörg Frerichs stellte die Frühjahrskonjunkturerhebung vor, welche die Geschäftslage und die Zukunftserwartungen abbildet: „Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geben immer noch Anlass, vorsichtig zu handeln. Hohe Inflationsraten, einhergehend mit sinkender Kaufkraft und erheblich gestiegenen Finanzierungskosten, belasten vor allem die Konsum- und Baukonjunktur“, so Frerichs. Insgesamt sei der Geschäftsklima-Index jedoch mit 117 Punkten leicht gestiegen (Vorjahr 113). Darüber hinaus bewerteten die befragten Handwerksbetriebe die aktuelle Geschäftslage als beständig: Etwa 87 Prozent gaben an, dass sie gut bis befriedigend sei und man in den nächsten Monaten mit einer gleichbleibenden Situation rechne.
Mit Blick auf die einzelnen Gewerke zeichnet sich allerdings ein differenziertes Bild der momentanen wirtschaftlichen Lage ab. So verlieren beispielsweise die Nahrungsmittelgewerke im Vergleich zum Vorjahr 17 Indexpunkte, dennoch bleiben sie mit einem Geschäftsklima-Index von 125 Punkten (Vorjahr: 142) auch in diesem Jahr der Spitzenreiter der Frühjahrskonjunktur. Sie konnten unter anderem von der bundesweiten Gaspreisbremse profitieren. Und dass, obwohl die Einkaufspreise bei allen befragten Betrieben stiegen und lediglich jeder Dritte die Verkaufspreise erhöhen konnte.
Mit einem Geschäftsklima-Index von 124 Punkten (Vorjahr: 119) belegen die Ausbaugewerke den zweiten Platz im Ranking. Rund 92 Prozent der Betriebe meldeten eine gute bis befriedigende Geschäftslage. „Die politisch vorangetriebene Energiewende hat den betroffenen Branchen Auftragszuwächse beschert. Die Ausbauhandwerke sind somit weiterhin gut ausgelastet, können die gesteigerte Nachfrage aufgrund des anhaltenden Fachkräftebedarfs aber nur sukzessive abarbeiten“, erklärt der Hauptgeschäftsführer.
Weiter geht es im Konjunkturgeschehen mit den Handwerken für den persönlichen Bedarf. Sie steigern sich um 9 Indexpunkte und weisen damit einen Geschäftsklima-Index von 121 (Vorjahr: 112) aus. Hohe Energiekosten sowie die fehlende Kaufkraft der Kunden sorgten zwar dafür, dass Aufträge und Umsätze bei jedem dritten befragten Betrieb zurückgingen, die Prognose ist allerdings optimistisch: Fast 95 Prozent der personenbezogenen Dienstleister erwarten eine gute bis befriedigende Geschäftslage für die kommenden Monate.
Ähnlich ergeht es den gewerblichen Zulieferern, die mit einem Wert von 121 Indexpunkten (Vorjahr: 92) auf einem guten Niveau liegen. Sie erwarten ebenfalls, dass die zukünftige Geschäftslage stabil bleibt.
Knapp dahinter folgt das Kfz-Handwerk, das sich um 15 Punkte auf 110 des Indizes (Vorjahr: 95) steigern konnte. Insgesamt bleibt die Lage aber angespannt. „Die Kfz-Branche steht vor einem grundlegenden Wandel: Personalmangel, die zunehmende Digitalisierung von Fahrzeugen und Geschäftsprozessen, die Elektrifizierung und veränderte Vertriebsmodelle stellen viele Unternehmen vor große Herausforderungen“, sagt Frerichs. 60 Prozent der Betriebe hätten deshalb bereits im Frühjahr Investitionen getätigt, um den Wandel bewältigen zu können.
Und auch das Bauhauptgewerbe hat weiter zu kämpfen. Mit einem Geschäftsklima-Index von 100 Punkten (Vorjahr: 119) belegt es den vorletzten Platz. Die Umsätze sind per Saldo bei 22 Prozent der Betriebe gesunken. „Die Nachfrage nach Neubauten im Privatsektor ist deutlich zurückgegangen. Ebenso gab es viele Stornierungen von Bauprojekten. Das ist den stark verteuerten Materialien sowie den gestiegenen Zinsen geschuldet“, macht der Hauptgeschäftsführer deutlich. Fast jeder zweite Betrieb meldete rückläufige Aufträge gegenüber dem vorherigen Quartal. Und auch hinsichtlich der Erwartungen an den Sommer ist die Prognose der Branche bedenklich: Bereits jeder dritte Betrieb geht von einer Verschlechterung seiner Geschäftslage aus.
Das Schlusslicht der Frühjahrskonjunkturumfrage bilden in diesem Jahr die Gesundheitshandwerke mit einem Geschäftsklimaindex von 99 (Vorjahr: 108). Der Fachkräftebedarf beschäftigt die Branche zunehmend: 50 Prozent der Betriebe berichteten von einem Rückgang beim Personal. Bei der anderen Hälfte blieb das Beschäftigungsverhältnis weitestgehend stabil.
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