Die Teilzeitausbildung führt in Ostfriesland noch ein Schattendasein. Dabei bietet diese einen Weg in den Wunschberuf trotz wenig Zeit.
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Halbtags zum Traumberuf

Mit der Teilzeitausbildung erhalten besonders junge Mütter und Frauen nach der Familienpause die Chance, ins Berufsleben einzusteigen.

Ostfriesland. Kindererziehung und Berufsalltag unter einen Hut zu bringen, ist für viele eine große Herausforderung, die oft mit Teilzeitanstellungen gelöst wird. Wenn man aber noch gar keinen Fuß auf dem Arbeitsmarkt gefasst hat, scheint der Einstieg eine oft unüberbrückbare Hürde zu sein. Dass man auch eine Ausbildung in Teilzeit absolvieren kann, ist vielen nicht bewusst. „Jungen Müttern, Vätern oder Personen, die Angehörige pflegen, fehlt oft die Zeit, eine Ausbildung zu beginnen oder durchzuziehen“, erklärt Dieter Friedrichs, Ausbildungsberater der Handwerkskammer für Ostfriesland. Doch gerade Menschen mit familiären Verpflichtungen hätten ein unglaubliches Potenzial und eine Chance auf dem Arbeitsmarkt verdient.

Hochmotiviert

Allerdings liege die Arbeitskraft dieses Personenkreises in Ostfriesland brach. Lediglich 15 junge Frauen werden in neun Ausbildungsbetrieben nach dem flexiblen Modell ausgebildet. „Das Handwerk kann es sich in Hinsicht auf den Nachwuchsmangel nicht leisten, auf diese Menschen zu verzichten. Aber bei vielen Arbeitgebern muss erst noch Überzeugungsarbeit geleistet werden“, erklärt der Berater. Denn auch diese Bewerbergruppe habe einiges zu bieten. „Die Lehrlinge zeichnen sich durch ein gutes Organisations- und Zeitmanagement aus, sind hoch motiviert und sehr loyal gegenüber ihren Arbeitgebern“, berichtet Friedrichs von seinen Erfahrungen. Es gebe kaum Abbrüche und die Prüfungsergebnisse fielen überwiegend positiv aus.

Flexibles Modell für alle offen

Grundsätzlich müssen sich Betrieb und Auszubildender auf die Rahmenbedingungen einigen. Maximal die Hälfte der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit darf reduziert werden. Dafür verlängert sich die Dauer der Teilzeitausbildung entsprechend auf höchstens 50 Prozent der normalen Ausbildungszeit. Die Berufsschule wird regulär besucht. Die Vergütung kann entsprechend der wöchentlichen Ausbildungszeit anteilig gekürzt werden. War bis vor wenigen Jahren noch ein „berechtigtes Interesse“, wie die Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen anzugeben, ist mit der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes 2020 das flexible Modell für alle geöffnet worden. So kann beispielsweise auch aus gesundheitlichen Gründen oder bei Lernbeeinträchtigungen eine flexible Ausbildungszeit eingerichtet werden. Gleichzeitig ist das Modell auch als eine betriebliche Umschulung anwendbar.

Alle Berufe sind möglich

Dabei stehen den Auszubildenden alle Berufe offen. Ob Tischler/in, Augenoptiker/in oder Orthopädietechniker/in – alles ist möglich. In der Praxis zeigen sich aber auch Grenzen auf. „Handwerksbetriebe, die auswärts oder auf Baustellen arbeiten, verweisen beispielsweise oft auf die Schwierigkeit, Auszubildende in Teilzeit gut in ihre Arbeitsabläufe zu integrieren, da die Einsätze vor Ort zeitlich schwer planbar sind und Mobilität erfordern“, berichtet Friedrichs. Praktikabler wäre es in allen Berufsgruppen, die einen festen Standort haben und auch Teilzeitangestellte beschäftigen. Zu den gängigen Berufszweigen, die bereits in Ostfriesland in Teilzeit ausbilden, zählen Friseure, Kaufmänner/-frauen für Büromanagement oder Fachverkäufer/innen im Lebensmittelhandwerk. Aber auch eine Kfz-Mechatronikerin oder ein Bootsbauer haben ihre Ausbildung erfolgreich absolviert.

Info-Veranstaltung am 24. März 2021, 9 Uhr, online

Hintergrundinformationen erfahren Interessierte anlässlich der Auricher Frauenwochen. Am 24. März, ab 9 Uhr, bietet die Handwerkskammer für Ostfriesland gemeinsam mit der Agentur für Arbeit Emden-Leer in einer virtuellen Live-Veranstaltung Einblicke in die Ausbildung und Umschulung in Teilzeit an. Die Teilnahme ist per Computer, Tablet oder Smartphone möglich. Interessierte erfahren, wie sie unter Berücksichtigung der familiären Verpflichtungen und unabhängig vom Alter in einem handwerklichen Beruf wieder durchstarten können. Dabei werden Fragen zu den Voraussetzungen, den Förderhilfen, den rechtlichen Bedingungen und den Unterstützungsangeboten beantwortet.

Eine Anmeldung ist bis zum 19. März erforderlich. Ansprechpartnerin ist Angela Mandel, erreichbar unter Telefon 04941 1797-41 oder per E-Mail a.mandel@hwk-aurich.de.

Darüber hinaus berät die Ausbildungsberatung der Handwerkskammer für Ostfriesland nach Terminvereinbarung kostenfrei. Dieter Friedrichs ist unter der Telefonnummer 04941 1797-58 oder per E-Mail d.friedrichs@hwk-aurich.de zu erreichen.